Während ich heute morgen meinen Espresso trinke, muss ich schmunzeln. Irgendwie geht mir die Aussage von Jamie Dimon nicht mehr aus dem Kopf. Einer der mächtigsten und renommiertesten Finanzexperten der Welt erwartet, dass ein Hurrikan auf die Wirtschaft zukommt. Die Frage sei nur, wie groß er wird! Sie werden sich mit Sicherheit denken, warum ich bei so einer „Horror-Prognose“ schmunzeln muss. Die Argumentation und Hauptgefahrenpunkte, die Dimon anführt, kann ich schließlich gut nachvollziehen. Die Notenbanken stehen vor der Herkulesaufgabe, auf der einen Seite die hohe Inflation im Zaum zu halten, auf der anderen Seite aber auch darauf zu achten, dass die Wirtschaft bei zu starken Einschnitten nicht in eine Rezession abgleitet. Apropos Inflation: Auch die ehemalige Fed-Präsidentin und jetzige US-Finanzministerin Yellen bläst ins gleiche Horn und erwartet, dass die Inflationsraten weiterhin hoch bleiben. Auch die Wirtschaft hat sich bereits deutlich abgekühlt. Der IWF prognostiziert für 2022 ein Weltwirtschaftswachstum von 3,6%. Zur Erinnerung: Im Vorjahr waren es, natürlich auch aufgrund einiger Nachholeffekte nach dem Corona-Jahr 2020, immerhin noch stolze 6,1%. Auch mit dieser Aussage steht Dimon damit nicht alleine da. Wobei ich bei einem 3,6%igen Wachstum noch von keinem „Hurrikan“ sprechen würde.
Schmunzeln muss ich aber, wenn währenddessen Analysten von JPMorgan, also jenem Finanzinstitut, dem Jamie Dimon vorsteht, für die Sommermonate einen Bullenmarkt und damit steigende Aktienmärkte prognostizieren. Und das wiederum steht im klaren Widerspruch zum pessimistischen Zukunftsbild Dimons. Bin schon gespannt, wie das Match ausgeht. Eines scheint aber klar. JPMorgan gewinnt immer!
Entspannung gibt es hingegen am US-Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote befindet sich auf dem niedrigsten Stand seit 1969. Der Wirtschaftsmotor scheint also nach wie vor zu brummen. Und positiv ist auch, dass bereits 95% der Jobs, die in den ersten Monaten nach Ausbruch der Corona-Pandemie verloren gegangen sind, wieder zurückgewonnen werden konnten.
“Da müssen auch Banken und Versicherungen aufpassen, dass ihre High-Potentials nicht einfach rausgekauft werden.”
Aber nicht überall läuft es so gut. In Russland wird es immer ungemütlicher. Eine große Anzahl von Arbeitskräften zieht gegen Westen. So hat beispielsweise die Deutsche Bank angekündigt, ihre IT-Experten zu einem Umzug nach Deutschland zu bewegen. Die bisherigen russischen Technologiezentren in St. Petersburg und Moskau sind verweist. Im neuen Tech-Zentrum in Berlin tummeln sich im Gegensatz dazu hunderte IT-Experten. Tendenz weiter steigend!
Im Finanzbereich sind IT-Experten nicht mehr wegzudenken. Um im Finanzsektor Karriere zu machen, sind gewisse Tech-Kenntnisse Grundvoraussetzung. Selbst der alte Investment-Guru Warren Buffet hat sich auf Anraten seines Freundes Bill Gates – trotz jahrelangen verbissenen Widerstands – am Ende des Tages doch noch zum Kauf eines PC breitschlagen lassen. Und das will wahrlich etwas heißen.
Der Umzug vieler IT-Fachkräfte steigert auch die Begehrlichkeiten von US-Firmen. Deutsche Software-Entwickler sind hoch im Kurs. Für Software-Ingenieure und Entwickler sind dreistellige Jahresgehälter mittlerweile keine Seltenheit mehr. Laut McKinsey werden allein in Deutschland durch die steigende Digitalisierung händeringend 780.000 zusätzliche IT-Spezialisten benötigt. Die steigende Nachfrage wird sich mit Sicherheit nicht negativ auf das Gehaltsniveau auswirken. Amazon hat bereits im Februar verkündet, das maximale Basisgehalt von 160.000 auf 350.000 US-Dollar zu erhöhen, um im wettbewerbsintensiven Arbeitsmarkt bestehen zu können. Da müssen auch Banken und Versicherungen aufpassen, dass ihre High-Potentials nicht einfach rausgekauft werden. Vielleicht sollte ich es mir das nächste mal besser überlegen, wenn ich die Computer-Aktivitäten meiner Kinder wieder einmal einschränken möchte.