Von einem Land mit 80 Prozent Zinsen

Mein Blick schweift in die Ferne. Im Morgengrauen erkenne ich die Umrisse eines Neubauprojektes. Die Preise sind aufgrund der Lieferengpässe und der stark gestiegenen Rohstoffpreise signifikant gestiegen. Für den Häuslbauer und den Projektabwickler macht es das gegenwärtige Umfeld unglaublich schwierig, die Gesamtkostenbelastung zu prognostizieren. Der Grundsatz, dass Projekte im Regelfall immer deutlich mehr als veranschlagt kosten, trifft dieser Tage wohl besonders zu.

Das tiefe Zinsniveau bevorzugt Schuldner. Das gute Umfeld hat zu einem wahren Immobilienboom geführt. Seit 2010 sind die Immobilienpreise in der EU um 42% gestiegen. Immobilienbesitzer in Österreich und Deutschland können sich noch mehr freuen. Im Schnitt sind hier die Hauspreise um 109% bzw. 93% deutlich stärker gestiegen als im EU-Schnitt.

Es scheint so als würden wir 2022 eine Zinswende erleben. Nach dem stetigen Rückgang in den letzten Jahrzehnten sind heuer die Zinsen rund um den Globus stark gestiegen. In vielen europäischen Ländern ist der kurzfristige Zinssatz das erste Mal seit 2014 wieder über die 0%-Grenze gestiegen. Gewissermaßen sind wir damit wieder in der Normalität angekommen. Haben Sie sich eigentlich auch schon einmal gefragt, wo gegenwärtig die höchsten Zinsen bezahlt werden? In Front liegt Zimbabwe mit einem Zinssatz von 80%. Das klingt viel, allerdings muss auch festgehalten werden, dass die Inflation in dem 15-Millionen-Einwohnerland aktuell bei 90% liegt. Damit erleidet der Sparer trotz des „Wucher-Zinses“ einen realen Wertverlust von 10%. Auch im stark angeschlagenen Venezuela, deren Wirtschaft im letzten Jahr um mehr als ein Viertel geschrumpft ist, liegt der kurzfristige Zinssatz aktuell bei 56%. Nebenbei bemerkt, müssen nirgendwo auf der Welt die Menschen mit so hohen Inflationsraten kämpfen. In Venezuela liegt sie aktuell bei 284%. Venezuela führt auch das Ranking der am meisten verschuldeten Staaten mit einer Verschuldungsquote von 350% in Relation zum BIP an. Dahinter folgt mit Japan mit 266% spannenderweise eine Industrienation. Auch Argentinien schafft es mit einem Zinssatz von 47% in die Top-3 jener Länder, die gegenwärtig für ihre Außenstände die höchsten Zinsen zu berappen haben.

Die Berichtssaison ist voll im Gange. Die Zahlen für das erste Quartal haben im Großen und Ganzen bisher die Erwartungen übertroffen. Spannend finde ich auch, dass sich die Erwartungen der Analysten seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine für die nächsten Quartale deutlich verbessert haben.

Elon Musk hat bekanntlich eine Vorliebe für Twitter. Mit aktuell 82 Millionen Followern gehört er zu den populärsten Personen auf Twitter. Angeführt werden die Top-10 von Barack Obama mit 132 Millionen Followern vor Justin Bieber mit 114 Millionen bzw. Katy Perry mit 109 Millionen. In dieser erlauchten Liste der Meinungsbildner findet man mit Christiano Ronaldo und Donald Trump auch noch einen Sportler und einen weiteren ehemaligen US-Präsidenten. Elon Musk kauft nun also Twitter für 44 Milliarden US-Dollar. Das sollte für den reichsten Mann der Erde mit einem geschätzten Vermögen von 252 Milliarden US-Dollar eine „Kleinigkeit“ sein, meinen Sie nicht auch? Ist es aber nicht, da ein Großteil des Musk-Vermögens in seinen Unternehmen „geparkt“ ist und Elon demnach nicht frei darüber verfügen kann. Er hat „lediglich“ geschätzte drei Milliarden US-Dollar in Cash und liquiden Mitteln. Insofern muss er mehr als 40 Milliarden US-Dollar anderwärtig aufstellen. Einen Teil der Finanzierung will er mittels eines klassischen Bankkredites aufstellen. Dazu ist er bereit, seine TESLA-Aktien als Pfand zu hinterlegen. Der heute verspätete erste Schluck meines Espressos wirkt beruhigend. Beruhigend ist auch, dass selbst der reichste Mann der Welt manchmal seine letzten Kröten zusammenkratzen muss, um ein Projekt zu stemmen, meinen Sie nicht auch?

von | Mai 6, 2022

Abgrenzung zur Analyse:

Der vorliegende (oder: hier abrufbare) Artikel enthält die persönliche Ansicht des Autors zu den im Artikel beschriebenen Sachverhalten. Soweit der Artikel eine Einschätzung über Unternehmen, Finanzinstrumente, volkswirtschaftliche Zusammenhänge oder andere Sachverhalte der Finanzwelt enthält, sind diese nicht unter Anwendung der Grundsätze ordnungsgemäßer Finanzanalyse (GoFA) erstellt. Es handelt sich nicht um eine Finanzanalyse gemäß Art. 36 der delegierten Verordnung (EU) 2017/565 . Der Autor hat zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels kein persönliches Interesse an allfälligen in dem Artikel genannten Finanzinstrumenten oder Unternehmen, insbesondere hält er keine Positionen oder will solche veräußern.

Wer schreibt hier?
Ueber_uns-ecobono-Team-mobil

Hinter ecobono stecken die ehemaligen Fondsmanager Kevin Windisch, Josef Obergantschnig und Daniel Kupfner. In diesem Blog wollen sie ihr Wissen, ihre Anlagestrategien und ihre Finanztricks mit Privatanlegern teilen.