In diesem Beitrag erklären dir die Finanzexperten von ecobono, was eine Aktienbewertung ist und wie du Aktien selbst bewerten kannst.
Grundlagenwissen: Was ist eine Aktienbewertung?
Zukünftige Entwicklung des Aktienmarktes beeinflussen die Anlageentscheidung von Anlegern. Gewinne ergeben sich beim Aktienhandel aus der Differenz von Kaufkurs und Verkaufskurs des Wertpapiers. Anleger versuchen daher eine Aktie günstig einzukaufen und später zu einem höheren Preis zu verkaufen, um die Rendite zu maximieren.
Hier stellt sich die Frage: Wie erkennst du den richtigen Zeitpunkt für den Kauf? Wann lohnt sich überhaupt ein Kauf?
Eine Aktienbewertung kann dir dabei helfen, eine sinnvolle Aktienauswahl zu treffen. Sie zeigt dir, welche Aktien sich lohnen zu kaufen und welche du besser verkaufen solltest.
Aktien bewerten: So funktioniert’s!
Damit du Aktien selbst bewerten kannst, brauchst du genaue Informationen zum betreffenden Unternehmen. Diese Informationen findest du in den Jahresberichten und Bilanzen des Unternehmens, am Markt und von Analysten.
Am Finanzmarkt haben sich dazu die beiden folgenden Analyseverfahren durchgesetzt: Die Fundamental-Analyse und die technische Analyse.
Methode #1: Die Fundamentalanalyse
Bei der Fundamentalanalyse geht es um die Ermittlung des inneren bzw. des fairen Wertes („fair value“) einer Aktie. Der innere Wert einer Aktie stellt den objektiven Wert einer Aktie dar. Die große Herausforderung der Fundamentalanalyse in diesem Kontext besteht darin, die ökonomischen Faktoren herauszufiltern, die einen Einfluss auf den zukünftigen Aktienkurs haben.
Diese Analyse basiert auf betriebswirtschaftlichen Daten, insbesondere auf den Bilanzkennzahlen. Folgende unternehmensspezifische Kennzahlen werden für die Bewertung herangezogen:
- Eigenkapitalquote
- Verschuldungsgrad des Unternehmens
- Anzahl der ausgegebenen Aktien
- Höhe des erwirtschafteten Gewinn
- Höhe der ausgezahlten Dividende
Ebenso werden Vergleiche mit direkten Mitbewerbern (sog. Peergroup) und deren Bewertungen zur Hilfe genommen.
Methode #2: Die technische Analyse
Im Gegensatz zur Fundamentalanalyse stehen bei der technischen Analyse keine unternehmensspezifischen Kennzahlen im Vordergrund. Bei der technischen Analyse geht es um die Betrachtung der historischen Kursbewegungen. Ziel dieser Analyse ist es, mögliche Verläufe von Kursen frühzeitig zu erkennen und aus typischen Kursverlaufsmustern Kauf- oder Verkaufssignale abzuleiten.
Die technische Analyse beruht auf 3 Grundannahmen:
- Die Märkte diskontieren alle Informationen: Die technische Analyse geht davon aus, dass alle Informationen, die die Kursentwicklung beeinflussen, in den aktuellen Aktienkurs eingepreist sind.
- Die Kurse verfolgen Trends: Die technische Analyse geht davon aus, dass Aktienkurse in Trends verlaufen, die sich in regelmäßigen Mustern wiederholen.
- Die Geschichte wiederholt sich: Die technische Analyse geht davon aus, dass sich die Vergangenheit wiederholen wird und dass sich die Kursmuster, die in der Vergangenheit aufgetreten sind, auch in der Zukunft wiederholen werden.
- Emotionen und Erwartungen beeinflussen die Kurse: Die technische Analyse geht davon aus, dass Emotionen und Erwartungen von Marktteilnehmern die Kurse beeinflussen und dass diese Emotionen und Erwartungen sich in den Kursen widerspiegeln.
Bei der technischen Analyse gibt es zwei unterschiedliche Strategien, wie Aktien bewertet werden:
1. Die Momentum-Strategie
Die Momentum-Strategie basiert auf der Annahme, dass Gewinneraktien tendenziell auch weiterhin Gewinner bleiben. Anleger, die auf eine Momentum-Strategie setzen, versuchen von Kurschwankungen zu profitieren, indem sie Aktien während eines Kursaufschwungs kaufen und diese verkaufen, sobald sich Anzeichen für einen Abwärtstrend abzeichnen.
Sie sehen wie sich der Markt in eine bestimmte Richtung bewegt und versuchen mit diesem Trend zu gehen. Die Anleger investieren dann in neue, aussichtsreiche Aktien.
2. Die Contrarian-Strategie
Diese Strategie ist auch unter dem Begriff antizyklisches Investieren bekannt. Anhänger dieser Strategie werden Contrarians genannt. Sie handeln gegen den aktuellen Trend. Diese Investoren glauben eben nicht, dass sie einem Trend folgen sollte. Die Grundidee dahinter ist, dass die Mehrheit der Anleger in der Regel falsch liegt.
Bei schlechter Marktstimmung werden beim Antizyklischen Investieren Aktien gekauft und bei guter Marktstimmung verkaufen Anleger ihre Aktien vermehrt.
Aktien bewerten: Methoden im Überblick
Um Aktien zu bewerten, benötigst du genaue Informationen zum betreffenden Unternehmen. Diese findest du in den Jahresberichten und Bilanzen eines Unternehmens, aber auch am Markt und in Finanzanalysen.
Wenn du Aktien selbst bewerten möchtest, solltest du folgende Methoden kennen. Bitte beachte aber: Eine Methode allein ist nicht ausreichend, um Aktien zu bewerten. Eine Aktienbewertung sollte immer anhand mehrerer Methoden erfolgen.
Methode #1-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)
Es ist das Verhältnis zwischen dem aktuellen Aktienkurs eines Unternehmens und seinen Gewinnen. Es wird berechnet, indem der aktuelle Aktienkurs durch den Gewinn pro Aktie geteilt wird.
Ein niedrigeres Verhältnis kann auf eine unterbewertete Aktie hinweisen, während ein höheres P/E-Verhältnis auf eine überbewertete Aktie hindeuten kann.
Methode #2- Verhältnis Unternehmenswert zu operativem Gewinn (EV to EBITDA)
Das EV/EBITDA-Verhältnis gibt Auskunft darüber, wie hoch der Unternehmenswert im Vergleich zum operativen Gewinn ist. Vereinfacht gesagt: Dieses Verhältnis gibt an wie lange ein Unternehmen braucht, um den eigenen Unternehmenswert zu erwirtschaften.
Methode #3- Kurs-Cash Flow-Verhältnis (KCV)
Es wird das Verhältnis zwischen dem aktuellen Aktienkurs eines Unternehmens und seinem Cashflow berechnet. Der Cashflow gibt an, wieviel Geld ein Unternehmen zur sofortigen Verfügung hat.
Das Kurs-Cash Flow-Verhältnis wird berechnet, indem der aktuelle Aktienkurs durch den operativen Cashflow pro Aktie geteilt wird.
Ein niedrigeres Verhältnis kann auf eine unterbewertete Aktie hinweisen, während ein höheres Verhältnis auf eine überbewertete Aktie hindeuten kann.
Methode #4 – Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)
Das Verhältnis von Kurs und Buchwert entspricht ungefähr dem inneren Wert einer Aktie, also ihrem fairen Preis. Das Verhältnis wird berechnet, indem der aktuelle Aktienkurs durch den Buchwert geteilt wird.
Der Buchwert ist das Eigenkapital einer Firma, geteilt durch die Anzahl der ausgegebenen Aktien.
Methode #5 – Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV)
Es zeigt das Verhältnis zwischen dem aktuellen Aktienkurs eines Unternehmens und dem Jahresumsatz. Es wird berechnet, indem der aktuelle Aktienkurs durch den Umsatz pro Aktie geteilt wird.
Ein niedrigeres Verhältnis kann auf eine unterbewertete Aktie hinweisen, während ein höheres Verhältnis auf eine überbewertete Aktie hindeuten kann.
Methode #6 – Dividende Discount Model
Beim Dividende Discount Model (kurz DDM) stellt sich folgende Frage: Welches Verhältnis besteht zwischen dem Preis einer Aktie und seiner Dividenden? Diese Methode schätzt den Wert einer Aktie anhand der zukünftigen Dividenden, die sie ausschütten wird, und des erwarteten Wachstums der Dividenden.
Methode #7 – Discounted Cashflow Model
Das Discounted Cashflow Model (kurz DCF) Methode schätzt den Wert einer Aktie anhand der zukünftigen Cashflows, die das Unternehmen erwarten lässt, und dem erwarteten Wachstum dieser Cashflows.
Aktien bewerten: Schritt-für-Schritt-Anleitung
Schritt 1: Rahmen- und Umfeldanalyse durchführen
Verschaffe dir einen Überblick über das Unternehmen. Beschäftige dich mit folgenden Aspekten:
- Die Branche des Unternehmens
- Das Marktsegment des Unternehmens
- Die Wachstumsrate
- Die regulatorischen Aspekte
- Die politischen Aspekte rund um Unternehmen und Firmensitz
Schritt 2: Finanzdaten sammeln
Suchen nach Finanzdaten wie Jahresabschlüsse, Quartalsberichte, Wachstumsraten, Branchenvergleiche und andere relevante Informationen zum Unternehmen und seiner Branche. Insbesondere solltest du auf den Verschuldungsgrad und den Cashflow eines Unternehmens achten.
Der Verschuldungsgrad:
Der dynamische Verschuldungsgrad bietet Einsicht in die Liquidität und die Bonität eines Unternehmens.
Der Verschuldungsgrad gibt Auskunft darüber, wie gut ein Unternehmen in der Lage ist, seine Schulden zu bedienen und zurückzuzahlen. Ein niedriger dynamischer Verschuldungsgrad ist in der Regel positiv, da es bedeutet, dass das Unternehmen über genug Eigenkapital verfügt, um seine Schulden zu tilgen. Ein hoher dynamischer Verschuldungsgrad hingegen, kann für potenzielle Anleger ein Hinweis für eine potenzielle Insolvenz sein.
Je wahrscheinlicher es ist, dass ein Unternehmen insolvent geht, desto unwahrscheinlicher wird es, dass du Dividenden erhältst.
Schritt 3: Finanzkennzahlen ermiteln
Berechne Finanzkennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis, das Kurs-Umsatz-Verhältnis, das Kurs-Cash Flow-Verhältnis und andere relevante Kennzahlen (siehe die einzelnen Methoden im vorhergehenden Abschnitt)
Schritt 4: Einen Vergleich durchführen
Nutze die im Schritt 3 berechneten Kennzahlen, um verschiedene Unternehmen miteinander zu vergleichen. Am besten eignen sich hierfür Unternehmen, die im selben Geschäftsbereich tätig sind.
Schritt 5: Zukünftige Entwicklung des Unternehmens hinterfragen
Hierbei ist vor allem das Gewinnwachstum ausschlaggebend.
Ein positives Gewinnwachstum zeigt an, dass das Unternehmen seine Gewinne im Vergleich zum Vorjahr gesteigert hat. Ein negatives Gewinnwachstum hingegen, deutet darauf hin, dass das Unternehmen einen Rückgang seiner Gewinne im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet hat.
Ein postives Gewinnwachstum ist die Quintessenz bei der Aktienbewertung. Denn letztendlich geht ein Unternehmen nur dann nicht Konkurs, wenn es seine Produkte und/oder Dienstleistungen verkauft. Wie gut das gelingt, spiegelt sich im Umsatzwachstum des Unternehmens wider.
Du möchtest mehr über die Aktienbewertung lernen und wie du es in der Praxis umsetzt?
Wenn du lernen willst, wie ein Profi zu investieren, dann nimm an unseren Investment Seminaren teil.
Foto: © Asenii – stock.adobe.com