Die Energiepreise spielen verrückt. Davon kann auch der größte Energiekonzern Österreichs ein Lied singen. Bei meinem morgendlichen Espresso kam ich diese Woche nicht an den Schlagzeilen über Wien Energie vorbei. Durch einen rasanten Anstieg der Energiepreise war der Konzern nicht mehr in der Lage, die an den Terminbörsen geforderten Sicherheiten zu hinterlegen. Nachdem auch der Handlungsspielraum der Stadt Wien eingeschränkt war, musste der Bund in einer Nacht- und Nebelaktion ein Darlehen in Milliardenhöhe gewähren. Was war passiert?
Wien Energie hat an der Terminbörse Strom auf Termin verkauft, um sich den Strompreis abzusichern. Durch den Russland-Ukraine-Konflikt sind die Energiepreise stark gestiegen. An der Börse muss der Verkäufer Sicherheiten hinterlegen und damit seine Zahlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Die Zahlungssicherheit wird täglich auf Basis des Marktpreises und des Einstandspreises angepasst. Durch den signifikanten Kursanstieg ist der „Verlust“, also die Differenz zwischen dem Verkaufs- und Marktpreis, deutlich gestiegen. Aufgrund dessen muss der Konzern weitere Sicherheiten hinterlegen, die aus dem eigenen Liquiditätsbestand nicht mehr abgedeckt werden können. Die sogenannte Margin dient als Absicherung, damit der Verkäufer der Lieferverpflichtung auch wirklich nachkommen kann. Wenn der Strompreis auf diesem Niveau bleibt, würden diese Sicherheiten aber tatsächlich fällig werden. Das Argument es handle sich “nur” um Garantien, zählt meiner Einschätzung nach also nicht! Was mich vor allem stutzig macht, ist die Höhe der Absicherungskosten, die im Worst-Case schlagend werden könnten.
“Der Wert einer Währung basiert auf Vertrauen. Und dieses Vertrauen ist an den realen Geldwert geknüpft. Insofern heißt es in den sauren Apfel zu beißen und die Leitzinsen zu erhöhen.”
Werfen wir nun einen Blick auf die Finanzmärkte. Gerade Anleiheninvestoren mussten durch den starken Zinsanstieg der letzten Monate deutliche Verluste hinnehmen. Nachdem beim Notenbanker Treffen in Jackson Hole weitere Zinsanhebungszeichen an die Märkte gesendet wurden, hat sich der Trend nochmals verstärkt. Die zweijährige US-Staatsanleihe weist gegenwärtig die höchste Rendite seit 15 Jahren aus. Marktteilnehmer schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank im September den Leitzinssatz weiter kräftig um 75 Basispunkte anheben wird auf über 70% ein. Ähnliche Signale gibt es vonseiten der Europäischen Zentralbank. Obwohl sich das Geschäftsklima im Euroraum deutlich eintrübt, wird an den Finanzmärkten mit einer kräftigen Zinserhöhung bei der nächsten Sitzung nächsten Donnerstag gerechnet. Auch wenn die Inflationsraten sich einbremsen bzw. leicht sinken, verharren sie auf anhaltend hohem Niveau und bleiben demnach das Hauptproblem der Notenbanker. Der Wert einer Währung basiert auf Vertrauen. Und dieses Vertrauen ist an den realen Geldwert geknüpft. Insofern heißt es in den sauren Apfel zu beißen und die Leitzinsen zu erhöhen. Auch wenn das der angeschlagenen Konjunktur weiter an Dynamik kosten sollte.
In Zeiten hoher Inflation waren historisch betrachtet Unternehmensbeteiligungen ein gutes Instrumentarium für den realen Geldwerterhalt. Aktuell reagieren die Aktienmärkte aber etwas verhalten. Die Tendenz zeigt aufgrund des Konjunkturausblickes Richtung Süden. Und das obwohl global betrachtet etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen die Analystenerwartungen für das 2. Quartal übertreffen und demnach ein gutes Ergebnis mit einstelligen Wachstumsraten in diesem turbulenten Umfeld ausweisen konnten.
Woran erkennt man eigentlich, ob man sich in einem inflationären Umfeld befindet? Laut einer alten Volksweisheit gibt es hier einen relativ einfachen Selbsttest: Die Inflation ist hoch, wenn die Brieftasche dicker und der Einkaufswagen leerer wird! Für all jene, die das nicht so genau wissen wollen, empfehle ich eine bargeldlose Bezahlung!