Scheidende Chefs und ausgelatschte Turnschuhe

Diese Woche ist mir ein altes Foto aus den 1980ern untergekommen. Meine Kinder konnten es gar nicht glauben, dass der Teenager mit Jeansjacke und längeren Haaren ich sein sollte. Aufgefallen sind mir auch die weißen Sportschuhe mit den drei Streifen und den roten Punkten. Jogging Highs waren in meinen Teenagerjahren so ziemlich der letzte Schrei. Während meine Kaffeemaschine mit dem gewohnten Mahlgeräuschen meinen Espresso zubereitet, mache ich eine kurze Internet-Recherche. Ungläubig sehe ich, dass gebrauchte Jogging Highs von Adidas um 400 Euro angeboten werden! Mir war gar nicht bewusst, dass meine ausgelatschten Turnschuhe aus Teenager Tagen sich auch einmal zu echten „Realwerten“ entwickeln sollten.

Apropos Adidas. Der deutsche Sportartikelhersteller wurde 1949 von Adolf Dassler gegründet und hat sich seit damals zu einem Weltkonzern entwickelt. Die rund 60.000 Mitarbeiter werden sich auf einen neuen Chef einstellen müssen. Der Vorstandsvorsitzende Kasper Rorsted, der seit 2016 die Geschäfte führt, muss 2023 vorzeitig den Chef-Sessel räumen. Ausschlaggebend dafür sind Probleme mit dem Chinageschäft und ein geplanter „Neustart“. Das Unternehmen hat allein im letzten Jahr nahezu die Hälfte des Börsenwertes verloren. Seit Amtsantritt von Kaspar Rorsted konnte die Aktie lediglich 1,5% p.a. zulegen. Im Vergleich zu Nike (17% p.a.) und Puma (19% p.a.) hat man deutlich an Boden verloren.

Kaspar Rorsted ist damit nach VW-Chef Herbert Dies und Fresenius-CEO Stephan Sturm der dritte DAX-Kapitän, der über Bord gegangen ist. Weitere Wackelkandidaten sind die Chefs von Henkel und SAP, die ebenfalls mit Performance-Problemen zu kämpfen haben. Deutsche Unternehmen repräsentieren aktuell 1,86% der weltweiten Börsenkapitalisierung und haben in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung verloren. Im Jahr 2008 betrug die Gewichtung im Vergleich dazu noch etwas mehr als 4%.

“Spannend finde ich, dass sieben der zehn reichsten Menschen der Welt ihr Geld als Tech-Unternehmer verdient haben.”

Als Einhorn werden nicht börsennotierte Unternehmen mit einem Marktwert von mehr als einer Milliarde Euro bezeichnet. In Deutschland gibt es aktuell 30 Einhörner. Damit liegt man hinter dem Vereinten Königreich (47) und vor Frankreich (28) in Europa auf dem zweiten Rang. Weltweit konnte der Einhorn-Klub im Februar 2022 erstmals die 1.000er Marke überschreiten. Knapp 70% der Unternehmen stammen aus den USA und China. Die dominierenden Sektoren sind Fintech, Internet-Software und -services sowie E-Commerce. Das wertvollste Startup Unternehmen Deutschlands heißt Celonis und wird mit rund 13 Milliarden Dollar bewertet. Spannend finde ich, dass das Unternehmen den letzten Jahresabschluss 2017 publiziert hat. Celonis droht wegen Intransparenz eine Bußgeldzahlung. Transparenz schaut in meinen Augen anders aus.

Kommen wir zu den Aktien. Die Berichtssaison neigt sich dem Ende zu. 95% der S&P 500 Unternehmen haben bereits ihre Quartalsergebnisse veröffentlicht und konnten ein Gewinnwachstum von etwas über 10% ausweisen. Die Aktienmärkte konnten bisher ein sehr erfreuliches Quartalsergebnis ausweisen. Besonders positiv haben sich Technologie-Unternehmen entwickelt. Die Bedeutung des Sektors hat sich in den letzten 10 Jahren nahezu verdoppelt. Das ist wenig verwunderlich, da schließlich nahezu jeder unserer Lebensbereiche „technologisiert“ wurde. Das beginnt bei Sport- und Ernährungs-Apps, geht über das SMART-Home bis hin zur Partnersuche. Die beliebteste Dating App Tinder gibt es bereits seit einer Dekade und ist in 190 Ländern und 45 Sprachen erhältlich. Tinder wurde 2017 von der March Group um 3 Milliarden Dollar gekauft und hat den Marktwert seit damals mehr als verdreifacht.

Spannend finde ich, dass sieben der zehn reichsten Menschen der Welt ihr Geld als Tech-Unternehmer verdient haben. Nachdem meine Programmierkenntnisse dafür mit Sicherheit nicht ausreichen werden, bleibt für mich nur der Weg in den Keller, um meine alten Jogging Highs zu suchen!

von | Aug 27, 2022

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